Bericht des Schiffers Nicolaus Prigge


Am 13. Juni 1919 abends 9 Uhr sichteten wir den Fischerewer H.F. 275 (Anna Elise) aus Finkenwärder etwas südlich von Amrum Bank, auf ca. 11 Faden Wasser, welcher Notflagge zeigte. Schwerer Sturm aus West, schwere See. Wir hielten auf das Schiff zu und versuchten, mit dem Schiffe in Verbindung zu treten. Nach schwerer Mühe gelang uns solches und der Schiffer Johannes Schramm von H.F. 275 forderte uns dringend auf, sein Schiff und seine Mannschaft aus schwerster Seenot zu bergen und in den Hafen zu bringen, da ihm solches mit eigener Mannschaft infolge der durch fortgesetztes Pumpen eingetretenen totalen Erschöpfung vollständig unmöglich sei. Sein Schiff sei schwer leck und manövrierunfähig. Nach schwerster Anstrengung gelang es uns unter größter Lebensgefahr für unsere Besatzung und unser eigenes Schiff, so dicht an H.F. 275 heranzukommen, dass wir ihm unsere Schlepptrosse durch Wurfleine zuwerfen konnten. Es gelang, unsere Schlepptrosse nach größten Anstrengungen an H.F. 275 zu befestigen, und durch vorsichtiges Manövrieren wurde es uns möglich, H.F. 275 in unsere Gewalt zu bekommen. Schiffer Schramm nahm das Großsegel herunter, um sein schwer leckes Fahrzeug besser lenz halten zu können.

Nach unsäglichen Mühen und Anstrengungen und schwerster eigener Lebensgefahr, da H.F.275 bei dem schweren Seegang und dem inzwischen auf NW gedrehten Sturm fortgesetzt ausscherte, kamen wir morgens um ungefähr 4 Uhr bei Elbe I bei Ebbtide in die Elbmündung. Laut ausdrücklicher Zustimmung von Schiffer Schramm brachten wir sein Schiff H.F. 275 nach dessen Heimathafen Finkenwärder, wo wir das Fahrzeug am 14. Juni 1919 nachmittags 4 Uhr vertäuten. Schiffer Schramm sprach uns seinen und seiner Besatzung Dank aus für die Bergung des Schiffes und Rettung der Mannschaft, da seinen Angaben nach sein Fahrzeug am nächsten Morgen nicht mehr schwimmend gewesen wäre. Der Schiffer Nicolaus Prigge als Führer von H.F. 42 ist während der ganzen Bergungszeit (circa 20 Stunden) nicht vom Ruder gekommen, trotzdem er schon vorher bei dem schweren Wetter ca. 12 Stunden an Deck war. Später hörten wir von dem Schiffer Schramm, dass H.F. 181 trotz Anrufes nicht helfend eingriff und beigedreht weitertrieb. Die Größe und Schwere der Bergungsleistung durch unser Segelfahrzeug H.F. 42 wird dadurch am besten gekennzeichnet.

 

Finkenwärder, den 14. Juni 1919